Persönliche Lese- tipps
Ina empfiehlt:
Das Philosophenschiff von Michael Köhlmeier
Erzähltes, Erfundenes und Wahrhaftiges
Die betagte Architektin Anouk Perleman-Jacob wird in Wien geehrt; der Erzähler, ein namhafter Vorarlberger Schriftsteller, ist zum Festakt eingeladen. Anouk will ihm ihre Lebensgeschichte erzählen, vor allem von ihrer Überfahrt aus Russland mit einem Schiff, auf dem Intellektuelle auf Lenins Befehl ins Exil deportiert wurden.
„Gesagt werden soll es. Und wenn es keiner glaubt, umso besser. Aber erzählt werden soll es.“
Anouks Erzählung wird zu einer Lebensbeichte, der Schriftsteller recherchiert die Hintergründe hinter dem, was Anouk preisgibt und ergänzt die Erzählung um entscheidende Details.
Ausgehend von vielen real existierenden Personen und Ereignissen schafft Michael Köhlmeier ein kluges Verwirrspiel um Wahrheit und Erfindung, um Historie und Fiktion. Äußerst lesenswert!
Carmen empfiehlt:
Schönwald von Philipp Oehmke
Schönwald
Schönwald ist ein Schmöker im besten Sinne. Ruth und Hans-Harald Schönwald und ihre drei über den Kontinent verstreuten erwachsenen Kinder treffen sich in Berlin, dort hat die Tochter Karolin einen queeren Buchladen eröffnet. Ein Sohn ist nun sehr aktiv im Trump-Wahlkampf, der andere hat sich eine wohlhabende Ehefrau geangelt und lebt in der Uckermark.
Das Trauma und die Last, die über die Generationen getragen wurden, lassen sich nun in Berlin nicht mehr verschweigen. Ein großer Familienroman!
Unsere Magazin Redaktion empfiehlt:
Regen von Ferdinand von Schirach
Regen
Eigentlich ein Theatermonolog. Die Handlung ist simpel. Ein Mann flüchtet vor dem Regen in eine Bar. Dort bestellt er etwas zu trinken. Dann spricht er. Wen er anspricht, bleibt ein Rätsel. Ebenso rätselhaft scheint auch der Protagonist zu sein. Er berichtet von seinem Leben als Schriftsteller. Was nicht weiter verwunderlich wäre, hätte der Mann nicht seit 17 Jahren keine Zeile mehr geschrieben.
Warum? Das gilt es herauszufinden. Das schlanke Büchlein ist keine epische Milchstraße, aber die einzelnen Sätze funkeln brillant wie ihre hellsten Sterne.
Unsere Magazin Redaktion empfiehlt:
Nichts als Himmel von Peter Henisch
Nichts als Himmel
Ein Urgestein und Außenseiter der österreichischen Literatur ist 80 geworden. Beständig und munter navigiert Peter Henisch seit Jahrzehnten seinen Kahn in ruhigen Nebengewässern den Literaturfluss hinunter, meidet Strudel und Stromschnellen. In seinem neuen Roman legt er im fiktiven italienischen Dörfchen San Vito an, schildert Naturidyllen und reißt bedrängende Fragen unserer Zeit an.
Ein Muss für Peter-Henisch-Fans: Tanti auguri!
Unsere Magazin Redaktion empfiehlt:
Die Wahrheiten meiner Mutter von Vigdis Hjorth
Die Wahrheiten meiner Mutter
Johanna ist eine berühmte Künstlerin, als sie von den USA in ihren Heimatort Oslo zurückkehrt. Dort überkommen sie „eingekapselte Gefühle“, denn seit 30 Jahren weiß sie so gut wie nichts von ihrer Mutter. Nun lebt sie nur einige Kilometer von ihr entfernt. Besessen vom Gedanken an sie sucht Johanna den Kontakt zu ihr.
Ein raffiniert aufgebautes Buch über Verletzungen und der Hoffnung auf Versöhnung.
Robert empfiehlt:
Tausend und ein Morgen von Ilija Trojanow
Tausend und ein Morgen
Ein Meisterwerk und jetzt schon ein Klassiker der utopischen Literatur! Von einer utopisch gerechten Zukunft reisen die sogenannten Chronauten – unterstützt von KI – an historische Scharniere der Geschichte (das „Damalsdort“). Wir gelangen so unter Piraten in der Karibik, mitten in die Russische Revolution oder zu den Olympischen Winterspielen in Sarajewo 1984.
Historische Ereignisse werden nach Möglichkeiten abgeklopft und
darin liegt eine poetische und politische Dimension dieses Romans.
Unsere Magazin Redaktion empfiehlt:
Ein Hund kam in die Küche von Sepp Mall
Ein Hund kam in die Küche
Gehen oder bleiben? Diese Frage mussten sich Ende der 30er Jahre viele Südtiroler stellen. Der Roman folgt dem 11-jährigen Ludi, dessen Vater sich für die „Heimkehr ins Reich“ entscheidet. Doch welche Folgen diese Entscheidung für Ludi und seinen körperlich sowie sprachlich behinderten Bruder mit sich bringen, ahnt die Familie in diesem Moment noch nicht.
Mit dichter Sprache und viel Einfühlungsvermögen beschreibt Sepp Mall in seinem neuesten Werk ein Stück Südtiroler Zeitgeschichte.
Robert empfiehlt:
Die wahren Bilder sind im Kopf von Edith-Ulla Gasser
Die wahren Bilder sind im Kopf
In wunderbaren und sehr persönlichen Texten lässt die von Edith-Ulla Gasser herausgegebene Anthologie tatsächlich einzigartige Bilder im Kopf entstehen. 13 Autor*innen, von Anna Baar über Monika Helfer und Michael Köhlmeier bis zum Tiroler Hans Platzgumer, haben sich alle der Aufgabe gestellt, sehr individuelle Erzählungen zu einem bestimmten Bild zu liefern.
Die Bilder sind jeweils zu Beginn abgedruckt, somit kann man dem Text noch intensiver folgen.
Lena empfiehlt:
«Mir geht's gut, wenn nicht heute, dann morgen.» von Dirk Stermann
«Mir geht's gut, wenn nicht heute, dann morgen.»
„Willkommen Österreich“ – wer diese Sendung am 29.November 2019 geschaut hat, weiß bereits, um wen es in Stermanns neuem Roman geht, nämlich um die in Wien geborene Psychoanalytikerin Erika Freeman. Sie
ist mit 12 Jahren vor den Nazis in die USA geflohen und wurde dort die Therapeutin der Schönen, Reichen und Mächtigen.
Man liest den neuen Roman Mir geht’s gut, wenn nicht heute, dann morgen. von Dirk Stermann
ebenso gerne wie auch seine Vorgänger.
Carmen empfiehlt:
Marschlande von Jarka Kubsova
Marschlande
Was kann man im Leben einer anderen Frau über sich selbst lernen? Dieser Frage spürt Jarka Kubsova nach. Geschichte zweier Frauen ein, die, obwohl eine lange Zeit dazwischen liegt, nicht minder mit patriarchalen Ungerechtigkeiten zu kämpfen haben. 1580 führt Abelke den Hof ihres Vaters erfolgreich, das ist natürlich den Mitbewerbern ein gehöriger Dorn im Auge.
Und Britta, die sich ihrem Ehemann gebeugt hat, in den Speckgürtel zu
ziehen, fühlt sich in der neuen Heimat einsam, bis sie auf Abelkes Geschichte stößt …