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Kunden em pfehlungen

Rezensionen von carin amplatz-überegger:

Der Sprung von Simone Lappert

What a difference a day makes

Das Buch beginnt mit dem Sprung. Es ist offenbar eine Frau, die hier springt – doch wer ist sie?
Tags vor dem „Sprung“ erleben wir Momenteinblicke an einer Ecke irgendwo im Nirgendwo: da ist Felix, der Polizist, den ein düsteres Geheimnis zur Unrast zwingt und der seine Freundin Monika, von ihm schwanger, damit im höchsten Grad verunsichert.

Roswitha, die Kaffeehausbesitzerin mit ihrem Kaffee am Platz, wo alle irgendwie zusammenkommen. Egon, ein ehemaliger Hutmacher, in dessen Geschäft nun ein Smartphoneladen eingezogen ist und der jetzt im Schlachthaus arbeitet. Finn, der Fahrradkurier, der, seit er die geheimnisvolle Pflanzenversteherin Manu kennt, nicht mehr sicher ist, ob er wirklich mit dem Fahrrad auf Welttour gehen will – oder eher bei Manu bleiben sollte. Maren, die Schneiderin, die damit zu kämpfen hat, dass ihr vormals gemütlicher, genussorientierter Hannes seit seinem 40. Geburtstag nur mehr an Sport und seinen Körper denkt. Und Theres und Hannes mit ihrem Tante-Emma-Laden, den keiner mehr braucht.
Doch als Manu plötzlich am Dach eines Hauses steht, eine aufmerksame Passantin darin einen Suizidversucht sieht und sofort Polizei und Feuerwehr einschaltet, finden diese ganzen losen Geschichten zusammen, es entsteht ein Gesellschaftsbild, Schicksale werden offenbart, Freundschaften geschmiedet und zerstört, lange zurückliegende Traumata kommen ans Tageslicht, ein Leben geht zu Ende.
Was ein Tag, eine unbewusste Geste, ein falscher Blick, ein richtiges Wort, alles zu ändern vermag. Mitten aus dem Leben schreibt Simone Lappert mitreißend über ganz normale Menschen wie Du und ich. Beeindruckend.

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Messer Ein Fall für Harry Hole. Gebunden. von Nesbø, Jo

Perfides Spiel

Wieviel Perfidie steckt darin, einem anderen vorzugaukeln, er hätte das, was ihm das Teuerste, Wichtigste im Leben war, ermordet? Wie kann man so hassen?
Harry Hole ist am Tiefpunkt. Er säuft wieder, ist suspendiert, und dann wacht er eines Sonntags ohne Erinnerung an den Vorabend mit blutiger Kleidung auf – und erfährt, dass Rakel, die Liebe seines Lebens, die ihn vor wenigen Monaten aus dem gemeinsamen Haus geworfen hat, am Vorabend ermordet wurde.

Hängt der Mord an Rakel mit der Freilassung von Sven Finne, dem Vergewaltiger, zusammen? Immerhin wurde Rakel mit einem Messer getötet…. Oder steckt der verdächtige Roar Bohr, Rakels kriegtraumatisierter Chef, hinter der Sache?
Der Leser verfolgt Harrys Gedankenzickzack atemlos. Und leidet mit Harry, wenn er von seinem halben Herz spricht, das nicht mehr lange schlafen wird.
Doch dann die Wende: Harry findet Spuren, die auf ihn selbst als Täter deuten. Und ist bereit, den Preis dafür zu zahlen. Doch wer rächt Rakel, wenn er das nicht tut?
Ich habe es nicht für möglich gehalten, über 500 Seiten in einem Rutsch zu lesen. Aber das Buch wegzulegen war keine Option. „Messer“ ist sicher der persönlichste Fall mit Harry Hole, nicht nur, weil das Opfer, um das sich alles dreht, Rakel ist. Wir erleben den knallharten Ermittler plötzlich im Gefühlschaos. Und am Ende entscheidet das Schicksal.

Das Buch könnte als Finale für die Serie um Harry Hole stehen. Ich bin gespannt, ob sich die Vermutung, dass Harry Hole mit diesem Fall in Pension geschickt wird, bestätigt. Und sonst freue ich mich schon auf den nächsten Fall!

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Die Gärten von Monte Spina von Scriverius, Henrike

Traumabewältigung

Tonis Mann Leon ist bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Um sich abzulenken, hat Toni der deutschen Heimat Lebewohl gesagt und erst in England einen Job als Gärtnerin angenommen, dann wird sie von dort weg auf die geheimnisvolle Insel Monte Spina engagiert, auf der allerdings noch keiner der Gärtner länger als ein halbes Jahr ausgehalten hat.

Trotzdem empfindet sie Monte Spina mit den 4 Angestellten des geheimnisvollen Chefs Max Bror als Refugium, sie geht in ihrer Arbeit auf, und jeder lässt sie in Ruhe werkeln. In gedanklichen Zwiesprachen mit ihrem Mann kommt sie sogar der Traumabewältigung ein Stück näher. Bis Max Bror auftaucht. Geheimnisvoll, unnahbar – und leider sehr sexy.
Leider beginnt ab der Begegnung mit Max Bror das Buch, sehr klischeehaft zu werden. Wetten unter reichen Freunden, bei denen Frauen als Ware behandelt werden, ein Tyrann, der einem trockenen Alkoholiker Whisky vorsetzt, körperliche Gewalt, Respektlosigkeit. Und doch – spätestens zum Ende wird der Leser, auch durch die meines Erachtens mitreißende und berührende Sprache, wieder versöhnt.

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Ceviche. Das Kochbuch Peruanisch magisch. Gebunden. von Danilo, Juan

Erfrischende Sommerküche

Ich kannte die peruanische Art der Fischkonservierung durch Limettensaft schon länger. Spannend fand ich nun die Idee, diese Methode, deren Gerichte sich hauptsächlich durch Schärfe und Säure auszeichnen, nun auch mal mit Gemüse auszuprobieren.

Die Rezepte sind übersichtlich verfasst, die Zubereitung gut beschrieben, die Bilder sehr geschmackvoll arrangiert.

Praktisch fand ich auch den Zusatzteil mit Grundrezepten (Tigermilch) sowie das Glossar.

Vielleicht wäre für die eine oder andere sehr schwer erhältliche Zutat auch ein Alternativvorschlag noch hilfreich.

Die ausprobierten Gerichte (2x vegetarische Ceviche, 2x Ceviche mit Fisch) sind jedenfalls bei meinen Testessern hervorragend angekommen, auch mit den Mengenangaben empfinde ich für durchschnittliche Esser als passend. Eine erfrischende Alternative in der Sommerküche!

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Ans Meer von René Freund

Ein Held für einen Tag

Anton ist Busfahrer. Ein bisschen wie Adriano Celentano in ‚Gib dem Affen Zucker’. Eigentlich ein Antiheld, der rundum gemocht wird. Und Anton hat Prinzipien: so verlangt er von den Schülern, die ihn morgens nicht grüßen, einen Ausweis. Und er ist in seine Nachbarin Doris verliebt, der er manchmal die Einkäufe heimträgt und dafür auf einen Kaffee eingeladen wird.

Nur: auf Doris' Balkon hat er gestern einen Mann husten gehört. Und da ist noch die Geschichte mit Kevin, dem energy-trinkenden Jugendlichen, der letzthin im Bus einen anderen verdroschen und getreten hat - und den Anton daraufhin an seiner Kapuze aus dem Bus befördert hat. Sanft - aber ohne Beweis. Und jetzt hat Kevin ihn verklagt - wegen einem bebrochenen Arm und einigen Prellungen , die er irgendwoher hat, aber sicher nicht von Anton. Doch der kann das nicht beweisen. Und da ihm das alles hier auf die Nerven geht und Clara, die krebskranke Clara, die täglich mit seinem Bus fährt, noch einmal das Meer sehen möchte, beschließt Anton, sich diesem Abenteuer hinzugeben, und fährt mit Clara und dem Bus ans Meer. Und scheut nicht die Konsequenzen, solange seine Geliebte Doris in ihm eine Helden sieht. Man könnte Anton, das Bärli, wie er von seinen Fahrgästen genannt wird, direkt knuddeln.
Rührend komisch, und zutiefst ehrlich, leicht melancholisch, und herzerwärmend menschlich.

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