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Rezensionen von Bellis-Perennis:

Die Luftvergolderin von Jeannine Meighörner

Hist. Frauenpower

Jeannine Meighörner ist ein Fan von historischen Frauengestalten und porträtiert diese auch regelmäßig. Diesmal hat es ihr Anna von Böhmen und Ungarn „angetan“.

Die Vita der jungen Anna ist abenteuerlich genug. In der sogenannten „Doppelhochzeit von Wien“ heiratet sie 1515 als Zwölfjährige den 56-jährigen Kaiser Maximilian und zieht mit ihm in die Residenz nach Innsbruck.

Nach seinem Tod 1519 ist sie nach wie vor unberührt und soll, wie es im Heiratskontrakt vorgesehen ist, eigentlich Maximilians Enkel Ferdinand heiraten. Doch der hat zunächst andere Pläne. Anna ist ein wenig anders als die üblichen Bräute, die man aus dynastischen Gründen verheiratet. Sie nimmt das Heft selbst in die Hand und engagiert Hans Maler, einen Porträtmaler aus Schwaz. Er soll ein Abbild schaffen, das ihr einen neuen Ehemann bringt. Nach einigem hin und her, nimmt sie dann Ferdinand doch zur Gemahlin. Noch weiß das junge Paar nicht, was das Schicksal für sie bereit hält. Wieder erwarten wird die Ehe glücklich und mit 15 Kindern gesegnet, von denen 12 das Erwachsenenalter erleben. Auch im Privatleben ist sie eine unkonventionelle Frau. Sie stillt und erzieht ihre Kinder selbst.

Anna hat ein reges Interesse an den Regierungsgeschäften und ist ihrem Mann eine gute Ratgeberin. Dass Ferdinand 1558 nach dem Verzicht seines Bruders Karl V., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation wird, erlebt sie nicht mehr. Sie stirbt im Jänner 1547 nach der Geburt ihrer Tochter Johanna im Kindbett. Ferdinand lässt sie im goldenen Kleid, das sie damals auf dem Brautbild getragen im Prager Veitsdom bestatten.

Hans Maler begleitet Anna und Ferdinand lange Jahre als Hofmaler und verschwindet auf einer Reise nach Ulm spurlos.

Meine Meinung:

Der ungewöhnliche Titel „Luftvergolderin“ passt wunderbar zu diesem historischen Roman. Zum einem stammt Hans Maler aus einer Vergolder-Familie und zum anderen sind goldblonde Locken und mit Goldfäden durchwirkte Stoffe modern. Alles Gold also!

Gut gelungen ist die Beschreibung der „kleinen Ungarin“ wie sie von Hans Maler genannt wird aus seiner, der Maler-Sicht. So erfahren wir viele Details der herrschaftlichen Kleidung und des opulenten Schmucks. Dann wechselt die Perspektive und das Hofleben rückt in den Fokus. Hier kann der Leser das steife Hofzeremoniell miterleben und nach einem weiteren Wechsel erhalten wir Einblicke in Annas Leben als Ehefrau und Mutter.

Der Schreibstil ist abwechslungsreich und amüsant. Die bildhaften Darstellungen lassen die Hofburg zu Innsbruck gleich dreidimensional auferstehen.

Die historischen Details sind in der Geschichte schön verpackt (um nicht zu sagen versteckt). So erfahren wir, dass Anna und ihr Bruder Ludwig aus rein dynastischen und Bündnispolitischen Gründen verheiratet werden. In der Doppelhochzeit, die von ihr Vater Vladislav II. von Böhmen und Ungarn gemeinsam mit Maximilian I., eingefädelt wurde, heiraten Anna und ihr neunjähriger Bruder Ludwig das Geschwisterpaar Ferdinand von Habsburg und die ebenfalls neunjährige Maria von Habsburg, beides Enkel von Maximilian. Ziemlich vorausschauend, denn wenn Vladislav stirbt, kommen Böhmen, Mähren und Kroatien ins Haus Habsburg. Egal ob über Ludwig oder Anna.

So wird auch die Schlacht bei Mohács von 1526, in der ihr Bruder stirbt, und die erste Belagerung Wiens 1529 durch die Türken in den Roman eingeflochten. Nach dem Tod Ludwigs ist Ferdinand durch Anna König von Böhmen und Ungarn.

Anders als im Buch verschwindet Hans Maler in Wirklichkeit nicht, sondern stirbt 1520 in Schwaz.

Interessant ist auch der Epilog, denn der erzählt die Geschichte des Brautbildes weiter, das auch die NS-Zeit überstanden hat, nachdem es in den Besitz einer jüdischen Familie gekommen ist. Da hätte ich mir eine ausführlichere Geschichte erhofft.

Fazit:

Ein opulenter historischer Roman, der das Leben der Anna von Ungarn, die als Kind getreu dem Motto „bella gerant alii tu felix Austria nube“ verheiratet wurde, beschreibt. Ich kann das Buch jedem empfehlen, der sich ausführlich mit den Frauen der Habsburger beschäftigen möchte. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

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